Silke Häusler aus Garbsen-Mitte ist eine echte Senkrechtstarterin in der Lokalpolitik. Sie ist erst vor wenigen Jahren in die CDU eingetreten – und schon zur ersten Ortsbürgermeisterin gewählt worden. Uns berichtet die gebürtige Sächsin, wie es dazu kam und was sie vorhat.
Garbsen-Mitte. An ihren ersten Schultag in Garbsen kann sich Silke Häusler noch lebhaft erinnern. Die heute 53-Jährige war damals 15 Jahre alt und gerade mit ihren Eltern aus der DDR ausgewandert – legal nach einem Ausreiseantrag. Ihre Herkunft wollte sie ihren Mitschülerinnen und -schülern am ersten Tag trotzdem lieber verschweigen. Das gelang der gebürtigen Dresdenerin aufgrund ihres sächsischen Dialektes damals allerdings so gar nicht. „Ich stellte mich schüchtern in ein paar Sätzen vor. Ein Schüler meldete sich daraufhin und fragte: Kann das mal bitte jemand übersetzen?“
Familie fängt nach Ausreise aus DDR bei Null an
Heute kann Häusler über diese Anekdote lachen. 1984 war es für sie und ihre Eltern aber schwer, in Garbsen Fuß zu fassen. „Wir sind mit dem Zug gekommen und konnten gar nichts mitnehmen, wir haben bei Null angefangen“, sagt Häusler. Mit Fleiß, Bescheidenheit und dem Zusammenhalt als Familie hätten es ihre Eltern jedoch schnell zu etwas gebracht. Bestes Beispiel sei ihre Mutter, die in der DDR als Zauberkünstlerin tätig war, und sich nach dem Umzug in den Westen mit einer Wäscherei selbstständig machte.
Silke Häusler selbst besuchte das Gymnasium Garbsen, das heute Johannes-Kepler-Gymnasium heißt. Das Abitur gelang ihr nicht, aber sie bekam eine Ausbildungsstelle bei einem Rechtsanwalt in Havelse. Nach mehreren beruflichen Stationen arbeitete sie sich zur Chefsekretärin eines Unternehmens hoch, das seinen Sitz in Marienwerder hat – dort ist sie noch heute tätig. Parallel dazu suchte die Mutter von zwei mittlerweile erwachsenen Töchtern vor einigen Jahren nach einem geeigneten Hobby – und fand es ausgerechnet in der Lokalpolitik.
Christian Grahl gibt den entscheidenden Schubs
Den entscheidenden Schubs in diese Richtung gab ihr ausgerechnet Garbsens ehemaliger Bürgermeister Christian Grahl. „Er machte vor der Bürgermeisterwahl 2014 Haustürwahlkampf und kam auch bei uns vorbei“, sagt Häusler, die mit ihrem Mann Dirk in Garbsen-Mitte wohnt. Im Gespräch bemerkte Grahl offenbar, dass die Häuslers politisch interessiert sind. Und so schlug er ihnen vor, sich selbst ehrenamtlich zu engagieren. „Also haben wir es durchgezogen und sind in die CDU eingetreten. So schnell ist die Politik zu unserem Hobby geworden“, sagt Häusler.
Ihr Mann Dirk ist kürzlich schon zum zweiten Mal in den Rat der Stadt gewählt worden. Und auch die Karriere von Silke Häusler ging seitdem steil bergauf. Vor einigen Jahren zog sie als Nachrückerin in den Ortsrat Garbsen ein. Und seit ein paar Wochen steht sie schon an dessen Spitze, nachdem sie als Ortsbürgermeisterin für Garbsen-Mitte, Altgarbsen, Auf der Horst und Havelse gewählt worden ist. Damit ist sie die erste Frau, die dieses Amt ausführt. Zudem setzte sie sich überraschend deutlich gegen den SPD-Kandidaten Rüdiger Kauroff durch, der als Landtagsabgeordneter entscheidend mehr politische Erfahrung vorweisen kann.
„Ich möchte keinen Job kriegen, nur weil ich eine Frau bin“
Aber bei der Wahl gehe es eben nicht nur darum, sagt Häusler. „Gerade im Ortsrat geht es um die Stadtteile. Da musst Du wissen, was die Leute hier wollen und brauchen.“ Und sie habe eben große Motivation, sich darum zu kümmern – und auch Zeit, weil sie halbtags berufstätig ist. Dass sie eine Frau ist, hat nichts mit der Wahl zu tun, findet Häusler. „Ich möchte keinen Job kriegen, nur weil ich eine Frau bin, sondern weil ich die Anforderungen erfülle“, sagt sie und verspricht, sich unabhängig von Parteiinteressen um die Belange der Einwohnerinnen und Einwohner zu kümmern.
In diesem Punkt ist ihr Vorgänger Franz Genegel ein Vorbild für Häusler. Der hatte ihr nach der Wahl den Rat gegeben, alle Probleme der Bürger ernst zu nehmen – auch wenn sie klein erscheinen. Genau das habe sie seit der Wahl in vielen Gespräche schon getan, sagt die neue Ortsbürgermeisterin. „Die Leute rufen mich zu Hause an oder laden mich zu sich ein. Das klappt super“, berichtet sie. Ihre Hoffnung für 2022 liege nun darin, dass auch Besuche älterer Menschen wieder möglich werden. Denn der direkte Kontakt zu den Menschen sei das Herzstück ihrer Arbeit in ihrem Garbsen. Denn dort ist Häusler spätestens jetzt so richtig angekommen: „Im Herzen bin ich noch ein bisschen Sächsin, aber meine Heimat ist hier in Garbsen.“
Verfasser: Gerko Naumann. Den vollständigen Text finden Sie unter www.haz.de.